Fermi-Paradoxon, Von-Neumann-Sonden

Das Fermi-Paradoxon wurde 1950 von dem Physiker Enrico Fermi aufgezeigt. Es besagt, wenn es im Universum viele technologisch fortschrittliche Zivilisationen gibt, dann müssten sie bereits hier sein. Dies aber steht im Widerspruch zu unseren Beobachtungen.

Eine Möglichkeit, wie sich bereits eine einzelne Zivilisation innerhalb weniger Millionen Jahre in der ganzen Galaxie ausbreiten könnte, wären Von-Neumann-Sonden. Als Von-Neumann-Sonde bezeichnet man eine hypothetische Raumsonde, die nach Ankunft an ihrem Zielort in der Lage ist, aus vor Ort vorgefundener Materie ohne menschlichen Eingriff eine exakte Kopie von sich selbst herzustellen. Sie beruht auf einer Idee selbst-reproduzierender Automaten des Mathematikers John von Neumann, die vom amerikanischen Physiker Robert A. Freitas Jr. 1980 in der Studie "A Self-Reproducing Interstellar Probe" aufgegriffen wurde. Hier wird ein Szenario untersucht, bei dem eine Art technologisches Samenkorn namens "SEED" in von einer Sonde in ein anderes Sonnensystem gebracht wird und dort auf einem kleinen Mond eine als "FACTORY" bezeichnete Fabrikanlage errichtet, wo dann vollautomatisch eine neue Raumsonde und eine neue SEED produziert wird.

Als Lösungen des Fermi-Paradoxons sind werden folgende Möglichkeiten diskutiert:

1.
Wir sind entweder die einzigen intelligenten Wesen im Universum oder intelligentes Leben ist so selten, dass es die Erde noch erreichen konnte (Rare-Earth-Hypothese).

2.
Die Ausbreitung im Universum geschieht wesentlich langsamer als vermutet, etwa weil eine schnelle Expansion unvorteilhaft ist und nur eine langsame und nachhaltige Expansion  langfristig erfolgreich ist. (Nachhaltigkeits-Hypothese).

3.
Die Erde wurde zu einer Art Schutzzone erklärt, störende Eingriffe von Außen sind verboten. Dies würde der aus den Star-Trek-Filmen bekannten "Obersten Direktive" entsprechen, nach der es verboten ist, mit Zivilisationen in Kontakt zu treten, die noch keine interstellare Raumfahrt beherrschen (Zoo-Hypothese). Um eine verblüffende Variante dieser Möglichkeit geht es übrigens in dem Roman Reise zum Ende der Zeit, nur dass es da keine Aliens sind.

Zu Punkt 1 ist zu  sagen, das dies zwar möglich ist, die Wahrscheinlichkeit aber eher dagegen spricht. Immerhin entstand das Leben auf der Erde zum frühest möglichen Zeitpunkt, zu dem Leben überhaupt möglich war. Wäre die Entstehung so unwahrscheinlich, würde man erwarten, dass die Erde erst mal ein paar Milliarden Jahre unbelebt war, bevor das Unwahrscheinliche geschieht. Zum Vergleich: Wenn jemand Lotto den Jackpot geknackt hat, dann war es ein der Regel ein regelmäßiger Spieler oder eine Tippgemeinschaft. Dass der Gewinner jemand ist, der gerade zu ersten Mal im Leben einen Lottoschein ausgefüllt hat, ist zwar möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Und wenn das Leben erst mal da ist, wirken die Automatismen der Evolution, die überall im Universum dieselben sind. Und die führen zwangsläufig vom Einfachen zum Komplexen. Und das komplexeste Gebilde, das wir kennen, ist das menschliche Gehirn. Auch wenn eine Entwicklung mal in eine Sackgasse gelaufen zu sein scheint, kann eine globale Katastrophe dafür sorgen, dass die Karten schlagartig neu gemischt werden.

Zwar ist das Leben über Milliarden Jahre nicht über das Einzellerstadium hinausgekommen, allerdings war diese Zeit nötig zu Bildung einer Sauerstoffatmosphäre. In dieser Zeit reagierte der erzeugte Sauerstoff sofort wieder vor allem mit dem reichlich vorhandenen Eisen. Erst als zu Beginn des Kambriums vor etwa 543 Millionen Jahren endgültig alle Sauerstoffsenken abgesättigt waren, stieg der Sauerstoffgehalt sprunghaft von 3% auf 12% an. Dies löste einen gewaltigen Schub in der Entwicklung aus, die sog. kambrische Artenexplosion. Damit war auch der Weg frei, damit das Leben das Meer verlassen konnte. Das Leben an Land mit den sich ständig veränderten Umweltbedingungen trieb die Evolution wesentlich stärker an, als die weitgehend konstanten Verhältnisse im Meer. Daher sind die intelligentesten Meerestiere ehemalige Landbewohner. Dies Zeitspanne von der Kambrischen Explosion bis zum Auftritt des Menschen beträgt nur ein Achtel des Erdalters, so dass eine derartige Entwicklung nicht besonders unwahrscheinlich sein kann, zumal man doch eine stetige Aufwärtsentwicklung erkennen kann ohne lange Stagnationsphasen. Und die Zeit davor war einfach nötig, um all das Eisen zu oxidieren, damit sich schließlich eine Sauerstoffatmosphäre bilden kann. Und da auf allen erdähnlichen Planeten auch ähnliche geophysikalische Bedingungen herrschen müssten - Eisen ist schließlich überall im Universum das Endprodukt stellarer Kernfusion - wäre nicht einzusehen, warum die Entwicklung grundsätzlich anders verlaufen sollte.

Nachtrag zu Punkt 1: Wenn die Entstehung von intelligentem Leben extrem unwahrscheinlich wäre, dieses aber für die Existenz des Universums selbst unbedingt nötig wäre, wie in https://weltengleichung.hpage.com/ vermutet, dann könnte man erwarten, dass es tatsächlich nur einmal entstanden ist, oder nur so oft wie unbedingt nötig, um sich dann im Universum auszubreiten und seine Bestimmung zu erfüllen.

Punkt 2 würde erfordern, dass alle Zivilisationen in der Galaxis unabhängig voneinander den Entschluss gefasst haben, gar nicht oder extrem langsam zu expandieren und diesen Entschluss in all den Jahrmillionen niemals revidiert haben. Und hätte nur eine Zivilisation anders entschieden, wäre niemand dagewesen um sie dabei aufzuhalten, all die noch nicht besiedelten Planeten zu kolonisieren. Wenn die Expansion per Von-Neumann-Sonden geschieht, müsste eine Zivilisation nur eine Sonde auf den Weg bringen. Abgesehen von den einmaligen Kosten hätte die Zivilisation durch eine hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit der Sonden keine Nachteile. Damit erscheint mir dies als die unwahrscheinlichste der drei Möglichkeiten.

Punkt 3 setzt die allgemeine Einsicht voraus, dass auch weniger weit entwickeltes Leben schützenswert ist, oder zumindest die Existenz einer dominanten Zivilisation, die die Machtmittel besitzt, einen derartigen Schutz auch durchzusetzen. Wenn man sich die Entwicklung unserer Zivilisation anschaut, gibt es hier eine positive Entwicklung. Während Artenschutz früher ein Fremdwort war, hat er heute einen hohen Stellenwert und kann ganze Großprojekte zum Erliegen bringen. Somit wäre es auch nicht verwunderlich, wenn wesentlich fortschrittlichere Zivilisationen auch eine wesentlicher größere Hochachtung vor anderen Lebensformen entwickeln und verhindern, dass ihnen einfach der Garaus gemacht wird, bevor sie die Chance hatten, sich zu etwas Höherem zu entwickeln. Durchaus plausibel wäre daher eine Regel, wann es möglich ist, offen mit einer jungen Zivilisation in Kontakt zu treten, ohne das diese in ihrer eigenständigen Entwicklung Schaden erleidet. Damit erscheint mir dies von den drei Möglichkeiten die wahrscheinlichste Erklärung zu sein.

Dennoch will ich eine weitere Möglichkeit aufzeigen, die allerdings nur eine Abwandlung von Punkt 3 ist. Angenommen, wir würden eine fremde Zivilisation entdecken. Dies wäre sicher eines der faszinierendsten Ereignisse, die man sich vorstellen kann. Wie frustrierend wäre es dann aber, wenn wir dann nicht mit Ihnen kommunizieren dürften. Gäbe es aber eine Möglichkeit, mit ihnen zu reden, ohne dass dies irgendeine Auswirkungen auf ihre Lebensweise hätte - würden wir diese nicht nutzen wollen?
Eine andere Frage wäre, könnten wir eine Technologie, die uns um Millionen Jahre voraus ist, überhaupt als solche wahrnehmen? Sicherlich, wenn kilometergroße Raumschiffen über unseren Städten schweben würden, die würden wir nicht übersehen. Aber wenn der Weg nicht in Richtung Gigantismus geht, sondern in die andere Richtung? Vom mechanischen Räderwerk zur Mikroelektronik, die sich mit immer feineren Strukturen schließlich zur Nanotechnologie weiterentwickelt, und was kommt dann? Vielleicht sind wir längst von einer fremden Technologie umgeben, ohne etwas davon zu bemerken. Und vielleicht sind deren Urheber längst mit ihrer Technologie verschmolzen, weil sie so unsterblich werden konnten. Und so könnten sie auch mit uns kommunizieren, indem sie unser Bewusstsein im Moment unseres Todes in ihre Technologie übertragen. Der Preis für unsere Unsterblichkeit wäre dann, dass wir keinen Kontakt mehr mit unseren noch lebenden Mitmenschen aufnehmen dürfen. Nur so könnten gravierende Auswirkungen auf unsere Entwicklung vermieden werden.

Angenommen, das oben beschriebene trifft wirklich zu. Was passiert aber, wenn der Transfer des sterbenden Bewusstseins schon abgeschlossen wurde und das Bewusstsein bereits neue intensive Erfahrungen gemacht hat, und dann wird diese Person dank der modernen Medizin wieder ins Leben zurückgeholt? Das Sicherste wäre, das Duplikat einschließlich aller neuen Erinnerungen einfach zu löschen. Im Zuge einer behutsamen Kontaktaufnahme könnte es aber ein erster Schritt sein, diese neuen Erinnerungen so weit wie möglich in das wiederbelebte Gehirn zu übertragen. Diese Personen müssten sich dann an eine höchst interessante Erfahrung erinnern können. Tatsächlich ergab eine Studie, dass 18% aller Personen, die einen Herzstillstand hatten und reanimiert wurden, über eine Nahtoderfahrung berichten konnten. Im Gegensatz zu den 78%, die diese Erfahrung nicht hatten, hatte dieses einen tiefgreifenden und dauerhaften Einfluss auf ihr weiteres Leben und nahm ihnen jede Angst vor dem Tod. Es gibt sogar Berichte, wo Blinde die Ereignisse während ihres Herzstillstand genau schildern konnten, einschließlich Form und Farbe der verwendeten Gegenstände. Es gab sicher Versuche, gewisse Teilaspekte durch neurologische Effekte bei Sauerstoffmangel zu erklären, aber wirklich befriedigend sind diese nicht und sie erklären auch niemals alles. Diese der gängigen Lehrmeinung widersprechenden Fakten haben bereits einige renommierte Wissenschaftler und Mediziner dazu bewogen, ihr Weltbild zu ändern und eine nichtmaterialistische Erklärung zu suchen, die Quantenphysik umzudeuten und eine neue Dimension der Nichtlokalität zu postulieren, in der das Bewusstsein unsterblich existiere, während das Gehirn nur eine Art Kommunikationsinterface sei. 

Aber vielleicht ist das gar nicht nötig. Vielleicht ist die wahrscheinlichste Lösung des Fermi-Paradoxon gleichzeitig die Erklärung der Nahtoderfahrungen. Im Prinzip würde schon eine sehr fortschrittliche Nanotechnologie ausreichen, um alles oben beschriebene zu bewirken und die wäre bereits mit unserer heute bekannten Physik möglich, egal was die Teilchenphysiker und Stringtheoretiker in der Zukunft noch alles entdecken mögen.

Innerhalb der nächsten hundert Jahre würden wir so etwas wohl noch nicht schaffen, aber wir sollten zumindest in der Lage sein, eine Nanotechnologie zu entwickeln, die leistungsfähige Roboter in der Größe von Mikroben ermöglicht, die sich selbständig im menschlichen Körper fortbewegen und die nötige Energie aus den Nährstoffen im Blut gewinnen können.
Eine Milliarde davon müsste man im Gehirn platzieren.  Jeder Nanobot würde dann über feine Elektroden hundert Neuronen kontaktieren und danach jeden einzelnen Nervenimpuls mit seinem exakten Zeitpunkt aufzeichnen.

Des Weiteren bräuchte man ein digitales Modellhirn, wie es zur Zeit im Rahmen des von der EU mit einer Milliarde Euro geförderten "Human Brain Projects" entwickelt wird. Über einen adaptiven Algorithmus würde das Modellhirn solange verändert, bis dessen Erregungsmuster den von den Nanobots aufgezeichneten entsprechen. So würde man im Laufe der Zeit eine digitale Kopie eines lebenden Gehirns erhalten.

Diese digitale Kopie könnte dann als Simulation in einer virtuellen Realität weiterleben. Mit einer entsprechend leistungsfähigen Technik könnte die virtuelle Realität eindrucksvoller und vielfältiger sein als die natürliche. Aufgrund der von keinem Naturgesetz begrenzten Möglichkeiten der Wahrnehmung und Interaktion könnte eine künstliche Computerwelt sogar als wirklicher erlebt werden als die materielle Welt. So könnte das Leben in der virtuellen Realität im Laufe der Zeit zur dominanten Daseinsform werden, während die materielle Realität weitgehend von Maschinen und wenigen Spezialisten verwaltet wird.

Möglicherweise erreichen früher oder später alle Zivilisationen dieses Stadium. Die Aufnahme von Individuen aus jungen Zivilisationen ohne eine derartige Technologie könnte dann einen willkommenen belebenden und verjüngenden Effekt haben, ähnlich wie Kinder in unserer Gesellschaft.

Ein Szenario, wie die Ausbreitung des Lebens mittels Von-Neumann-Sonden und der Nanotechnologie ablaufen könnte und was das für eine mögliche Unsterblichkeit des Bewusstseins bedeutet, habe ich in dem Artikel "Die Zukunft der Raumfahrt" beschrieben.

 Tilo Landsberger * Fermi-Paradoxon, Von-Neumann-Sonden * 2014 * fermipx14 

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